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Via Panam!

So etwas wie ein Vorwort

Seattle, August ’98: Vor dem Days Inn in Seatac geben wir unseren wohlbepackten Iron Horses die Sporen und rollen zügig Richtung Fauntleroy Ferry Pier. Eigentlich wollten wir nur den Pacific Coast Highway hinunterradeln, ganz relaxed, dabei ein Bicyclist’s Guidebook schreiben und ansonsten eine gute Zeit haben. Es wird ein traumhafter Trip – und wir hätten es wissen müssen: Spätestens ab Oregon tritt der Magnet in Kraft, der Reiseradler gemeinhin wie entlang einem roten Faden immer weiter zieht bis ans Ende der Straße (wir kennen dieses Phänomen von der Route 66), und in San Diego müssen wir regelrecht in die Eisen steigen, um nicht bis Südamerika weiterzufetzen. Ein neuer Bazillus hat uns gepackt, obwohl wir es uns zunächst nicht eingestehen wollen, und abends beim traditionellen viergängigen Ankunfts-Festessen in der Old Spaghetti Factory fällt zum ersten Mal das Stichwort Panamericana.

Gegen den Fernstraßen-Bazillus gibt es ohnehin kein Antibiotikum, und wir wissen, was wir zu tun haben: Bald wird die Alaska-Canada-Etappe nachgeholt und wir nehmen von San Diego aus die Baja California in Angriff. Die folgenden Jahre fließt der größte Teil des Urlaubs in das Projekt bikeamerica und wir arbeiten uns in Etappen vor bis Yucatán. Für die Mittel- und Südamerikaetappen kann ich ein Sabbatjahr bekommen (Sommer 2004 bis 2005), und Sybille, mittlerweile zur Teddybären-Schneiderin mutiert, macht derweil einen längeren Betriebsurlaub. Und natürlich lesen wir jeden Fetzen Papier und jeden Reisebericht über die Panamericana, der uns in die Finger kommt.

       

Als „Traumstaße der Welt“ ist die Panamericana seit Jahren in die Köpfe aller Fernweh-Geplagten eingebrannt. Diese Bezeichnung verdankt sie dem Dokumentarfilmer Hans Domnick, der in den 60er-Jahren einen faszinierenden CinemaScope-Streifen auf die Beine stellte, dazu einen gleichnamigen Bildband, der längst zu den absoluten Klassikern gehört. Doch das, was im Jahr 1923 auf dem 5. Interamerikanischen Kongress von Santiago de Chile als „Panamerikanische Straße, völkerverbindende Friedenslinie und Handelsweg“ aus der Taufe gehoben wurde, war eigentlich eher ein Straßennetz. In den dichten Verkehrssystemen der USA zum Beispiel war die Panamericana nie genau definiert. Und die vorgesehene südamerikanische Route führte keineswegs nach Feuerland, sondern ab Santiago über die Anden nach Buenos Aires und weiter nach Rio. Dafür gab es noch einen Ast von Peru hinauf nach Bolivien und einen von Bogotá nach Venezuela hinüber. Selbst die Transamazonica quer durch Brasilien war seinerzeit schon angedacht, während vom berühmten Alaska-Highway noch keiner sprach. Der wurde erst 1942 zum Schutz gegen japanische Expansionsgelüste aus dem Boden gestampft.

             
             

Heute ist eine panamerikanische Straße zumindest in den meisten lateinamerikanischen Ländern ausgeschildert: als Panamericana in Ecuador und Peru, als Carretera Interamericana in Costa Rica und Panama und als Viapanam in Chile. Doch wer sich als Panamericana-Biker sklavisch genau daran hält, ist wirklich selber schuld! Es macht keinen Sinn, tausende von Kilometern durch die peruanisch-chilenische Küstenwüste zu strampeln, die als trostloseste auf Erden gilt, wärend ringsum der Welt schönste Sehenswürdigkeiten warten! So war der Ritt hinauf ins Altiplano für uns ein absolutes Muss. Die alte Silberstadt Potosí zog uns magisch an, wie schon vorher die Baja California in México. Dazu nahmen wir uns vor, in Bolivien auch mal auf der „gefährlichsten Straße der Welt“ hinunter in die Yungas zu rollen. Der Alaska Highway hingegen dehnt sich wie Kaugummi. Dreitausend Kilometer Bäume zählen ist nicht unser Ding, und so bauten wir die Fähre auf der Inside Passage in unsere Route ein.

Ohnehin ist es nicht möglich, die gesamte Panamericana tretenderweise zurükzulegen. Bekanntlich fehlen zwischen Panama und Kolumbien noch rund 200 Kilometer Straße im Dschungel des Darién Gap. Dazu kam unser Zeitproblem: Leider sind wir gezwungen, für unseren Lebensunterhalt zu arbeiten - insgesamt waren wir rund 15 Monate unterwegs; mehr war nicht drin. Das reicht einfach nicht, um die ganzen rund 25.000 Kilometer von Alaska nach Feuerland erschöpfend zu beradeln. Da ist es sicher keine Schande, auf langweiligen Strecken mal einen Bustransfer als Kontrastprogramm einzubauen, wenn man damit mehr Zeit für landschaftliche und kulturelle Sahnestücke gewinnt. Yucatán haben wir aus Zeitgründen mit dem Mietwagen bereist (mit Transfer nach Guatemala City durch einen Veranstalter).

Auch in Ecuador waren wir zwischenzeitlich ohne Rad, denn wir sind beiläufig auch noch Eisenbahnfans (die legendäre „Teufelsnase“!), und was will man mit einem Fahrrad auf Galapagos? Apropos Eisenbahn: Auch eine Fahrt mit dem Chepe von Chihuahua nach Los Mochis gehört unbedingt mit zum Panamericana-Gesamterlebnis! Die machten wir bereits 1995, haben sie aber in geographischer Reihenfolge in unseren Reisebericht eingebaut, genauso wie die vorgezogene Ecuador-Etappe. Kolumbien, zeitweilighöchsten Entführungs- und Mordrate der Welt, ließen wir lieber aus. Und anstatt nach El Salvador und Honduras zog es uns viel mehr nach Cuba, das wir unbedingt noch zu Lebzeiten Fidel Castros kennen lernen wollten.

Viel Spaß also mit unseren Reiseberichten! Insgesamt standen am Ende zwischen Anchorage und Ushuaia 15.066 Radelkilometer und nochmal rund 10.000 Kilometer mit Mietwagen und Bussen zu Buche, dazu 4000 Kilometer mit diversen Fährschiffen und 3500 mit der Eisenbahn. Und wir wollten keinen einzigen Kilometer davon missen.

Braucht jemand noch Tipps für seinen eigenen Südamerika-Trip (Routenwahl, StraVenqualität, Must-See’s, beste Pizza, Accomodations, gute Web-Seiten, wo gibt es CampingGaz-Kartuschen, Fahrrad-Ersatzteile etc.)? Scheut euch nicht, uns zu fragen! Wir freuen uns über jede Mail.

   

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