Reiseräder
Zum Thema Fahrrad
eins vorweg: Wir waren noch nie Materialfetischisten! Unser Credo über
die Jahre: Gute Qualität, keinerlei megacooler Hightech-Schnickschnack,
aber selbstverständlich alle Teile stets sorgfältig gewartet. Moderner
Leichtbau, Full Suspenion oder gar Carbonteile kommen für uns nicht in
Frage, dafür können wir unsere Bikes fast in jeder Lage selbst
reparieren. Besonders wichtig sind stabile und verwindungssteife Rahmen
– Rahmenflattern bei vollem Gepäck ist ausgesprochen lästig und auch
nicht ganz ungefährlich. Natürlich geht nichts über 28“-Trekkingräder,
und außerdem müssen die Rahmen aus Stahl sein, dann kann sie im Notfall
weltweit jeder Dorfschmied wieder zusammenschweißen...
So dachten wir immer, doch Zeit
und Erfahrung bedingen so manchen Kompromiss. Im Wesentlichen haben wir
an unseren Prinzipien festgehalten, teilweise aber auch umgedacht. Hier
unsere fahrbaren Untersätze so nach und nach:
First Generation:
Epple „Grizzly“, Trekkingräder 28“
Mit diesen Bikes sind wir die
Route 66, etliche Touren in Europa und zum Schluss die
Panamericana gefahren. Sie waren Baujahr 1989 und hatten bei
Tourende in Buenos Aires ziemlich genau 105.000 Kilometer drauf, mit den
dritten Laufradsätzen zwar, mit der zweiten (hinteren) Schaltung, den
zweiten Tret- und Lenkkopflagern, aber immer noch mit den
Originalrahmen, den ersten vorderen Umwerfern, den ersten Tretkurbeln
und sage und schreibe den ersten Gepäckträgern (!). Sybille hatte zudem
noch bis zum Schluss den ersten Sattel und die
Original-Cantileverbremsen des schon anfangs der 90er-Jahre Konkurs
gegangenen Herstellers Weinmann.
Manche Komponenten hatten wir im
Lauf der Jahre durch sehr hochwertige Teile ersetzt, z.B. Lenker von
Corratec, Nordlicht-Dynamos, BuM-Halogenlampen, Tacx-Schaltwerksrollen
und teilweise Speichen von DT Swiss; andere waren aber auch vom
Sperrmüll bzw. vom Schrott wie z.B. meine Sattelfedern, meine
Kettenblattschrauben (Original Fiat) oder Sybilles Schalthebel – doch
alles über viele Jahre bewährt. Hier noch im Detail:
-
Rahmen: Epple CrMo-Stahl, made in
Memmingen/Germany
-
Schaltung hinten: Shimano SIS 6-fach,
Hyperglide-Schraubkränze, 14-32 Zähne
-
Schaltung vorne: Sachs Aris-Rival, 3-fach,
48/38/28 Zähne
-
Felgen: Alesa 9019, 28 Zoll
-
Reifen: Schwalbe Marathon, ab Costa Rica
Marathon Plus „Smartguard“ mit Pannenschutz (37/622)
-
Bremsen:
Shimano Deore LX Cantilever (T), Weinmann Cantilever (S),
Bremsbeläge Kool-Stop
-
Lenker: Corratec Bull Cruiser (optimale
Griffpositionen!)
-
Sättel: Brooks B 66
-
Gepäckträger: Pletscher Athlete, Tubus
Tara Lowrider (ab Costa Rica)
-
Lichtanlage:
Dynamo Nordlicht (Seitenläufer mit
Gummirolle), Lampen BuM Toplight Halogen
Ausfälle: Rahmenbruch (T)
in Patagonien (konnte problemlos in einer Autowerkstatt geschweißt
werden), Bruch des Gabelschaftrohrs (S) in Cuba. Viele Speichenbrüche in
den ersten Jahren, doch seit unser Taller/Mécanico
Eldorado-Dirk die Hinterräder
vierfach gekreuzt eingespeicht hatte war damit Ruhe. Und die zunächst
zahlreichen Plattfüße kriegten wir mit unseren „Smartguard“-Reifen in den
Griff. Damit hatten wir von Costa Rica bis Feuerland nur noch einen
einzigen Platten – einem 3 cm langen Nagel waren selbst sie nicht
gewachsen, alles andere haben sie auf 8000 Kilometern klaglos
weggesteckt.
Fazit: Unter dem Strich
sehr zuverlässige Räder, auch sehr fahrstabil. Bei Tourende (2005)
bauten wir die besten Teile aus und nahmen sie mit nach Hause; die doch
schon recht ramponierten Rahmen ließen wir in Amerika zurück, auch um
die hohen Radtransport-Kosten beim Heimflug zu sparen.
Second Generation: Stevens 6.6.2, Trekkingräder 28“

Schon 1998 hatten wir uns die
zwei filigranen, leichten Stahlrenner als Zweiträder gekauft, zunächst
naked für die schnelle Feierabend-Runde. Später rüsteten wir sie
mit Gepäckträgern, Schutzblechen und Lichtanlage alltags- und
reisetauglich nach. Hier im Detail:
-
Rahmen: Stevens CrMo-Stahl, made in Taiwan
-
Schaltung hinten: Shimano STX RC 8-fach
Kassette, 11-28 Zähne
-
Schaltung vorne: Shimano STX RC 3-fach,
42/32/22 Zähne
-
Felgen: EXAL SP 19, 28 Zoll
-
Reifen: Schwalbe Marathon, später Conti
Top Touring (37/622)
-
Bremsen:
Shimano LX V-Brakes, Bremsbeläge Point
-
Lenker: Corratec Bull Cruiser
-
Sättel: Brooks B 66
-
Gepäckträger: SL Trekking
-
Lichtanlage:
Nabendynamo Shimano
DH-3N80, LED-Lampen Lumotec IQ Fly
Mit diesen Rädern fuhren wir
etliche (auch mehrwöchige) Gepäcktouren in Europa. Die rechte Freude
wollte aber nie aufkommen – Erfahrungen: Der Radstand war zu
kurz, sodass wir sehr sorgfältig packen mussten, um nicht beim
Pedalieren an den Taschen anzuecken. Die Rahmen waren nicht stabil
genug; sie neigten bei voller Beladung zum Flattern und freihändig
fahren war absolut unmöglich. Hauptproblem jedoch: Nach und nach
brachen die Gepäckträger-Ösen an den Ausfallenden ab – Stahl allein ist
wohl doch nicht der Garant für langes Leben; das konnte man dann
doch nicht schweißen. Wir schraubten die Gepäckträger dann noch eine
Weile an den
Schutzblech-Ösen an, doch nach 60.000 km war endgültig Schicht – wir
zerlegten die Räder bis zur letzten Schraube, integrierten die besten
Komponenten in unsere Stadt- und Winterräder und verkloppten die Rahmen
bei Ebay als „defekt“. Fazit: Seither legen wir gesteigerten Wert
auf gefräste oder gelaserte Ausfallenden ohne vorstehende
Anbau-Ösen und auch auf eine stabile Rahmengeometrie.
Third Generation: Merida Matts 40 und Juliet 40, 26“

Nachdem wir mit unseren parallel
verwendeten Stadt- und Winterrädern (selbst zusammengebaute MTBs aus
Ebay- und Gebrauchtteilen) so gute Erfahrungen gemacht hatten, war klar:
in Zukunft 26 Zoll! Uns überzeugte die Wendigkeit dieser Räder,
dass man nicht so viel Schwungmasse beschleunigen muss (in der Stadt an
der Ampel: Antritt, zack und weg:-) und die bessere Berggängigkeit.
Zudem gibt es bei 26ern kaum Speichenbrüche – die einzige Ausnahme in
unserem Fuhrpark bislang war wohl auf einen Transportschaden
zurückzuführen.
Eine weitere, sehr leidvolle
Erfahrung: Jedes Mal beim Flugtransport ist trotz bester Verpackung
etwas kaputt, zerkratzt, verbogen… Fazit daraus: Wir kauften uns
im Herbst 2009 zwei
robuste Billigräder (jeweils 299.- €), rüsteten gute Gepäckträger
nach und ersetzten einige Teile wie etwa die Bremsen durch bessere, die
von unseren Stevens-Rädern übrig waren. Dazu legten wir Wert auf
möglichst wenig Zubehör (keine Lichtanlagen, nur aufsteckbare
Batterielampen, und einfache Steckschutzbleche), um nicht vor jedem Flug
endlos basteln zu müssen. Noch ein Vorteil: 26er-Radkartons für den
Heimflug sind überall im Ausland leichter zu kriegen.
Ein paar Kompromisse
mussten wir dabei eingehen: Die Rahmen sind jetzt aus Alu (man wird aber
sicher überall auf der Welt im Notfall einen Ersatzrahmen auftreiben
können), und Billigräder gibt’s leider nur mit Federgabel. Sybille fährt
damit ganz gut, ich konnte mich nach etwa 500 Test-Kilometern damit
überhaupt nicht anfreunden und habe meine durch eine hochwertige
Stahl-Starrgabel (Maxx Cycles) ersetzt. Weiter im Detail:
-
Rahmen: Merida CEN Alu, made in Taiwan
-
Schaltung hinten: Shimano Alivio/Acera,
8-fach Kassette, 11-34 Zähne
-
Schaltung vorne: Shimano Alivio/Acera,
42/34/24 Zähne
-
Felgen:
Alloy Airline One, 26 Zoll
-
Reifen: Schwalbe Marathon (44/559)
-
Bremsen:
Shimano LX V-Brakes, Bremsbeläge Point
-
Lenker: Merida, Ergon-Griffe und Hörnchen
nachgerüstet
-
Sättel: Brooks B 66 (T), Selle Royal Freccia
(S)
-
Gepäckträger: Tubus Locc (T), Tubus Cargo
(S)
Mit diesen Rädern waren wir
jetzt mehrmals auf den Kanarischen Inseln, sind von zu Hause bis
nach Teneriffa und auch bis Istanbul geradelt;
zudem haben wir sie auf unseren Amerika-Touren 2011 (Best of the West),
2013 (Indian
Summer Tour) und 2015 (Deep South USA) zum Einsatz gebracht. Wir sind recht
zufrieden…
Weitere Ausrüstung
- Packtaschen: anfangs ältere Vaude- und
Umarex-Produkte, nach und nach durch wasserdichte Ortlieb Roller
ersetzt
- Zelt: bis México altes Sierra Leone
von Salewa (sehr gute Qualität, braucht aber zum Aufstellen 16
Heringe), von Costa Rica bis Feuerland Vaude Mark III, selbststehend
(aber Konstruktion und Qualität haben uns nicht überzeugt), jetzt
Hilleberg Staika
- Iso-Matten: Therm-A-Rest (selbstaufblasend)
- Schlafsäcke: Gold-Eck GLT
- Kocher: Viele Jahre lang CampingGaz
Bleuet 206 (der mit den Durchstich-Kartuschen). Jetzt Primus Mimer
(mit Zusatz-Adapter für nicht schraubbare Kartuschen) – etwas
anderes als ein Gaskocher kommt für uns nicht in Frage
- Wasserfilter: Katadyn Mini Ceramic
- Schweizer Armeemesser mit Korkenzieher
und Dosenöffner – absolut wichtigstes Utensil, für uns unverzichtbar
:-)
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